Interview: Die TSG Haßloch ist beim haushohen Favoriten Saase3 Leutershausen ohne Chance. Warum der Sportliche Leiter Kevin Seelos den Handball-Drittligisten dennoch im Soll sieht und welche Lehren er aus der vergangenen Saison zieht, erzählt er im Interview mit Jochen Willner.
Mit der 27:34-Niederlage bei Saase3 Leutershausen mussten sich die Bären erstmals in der laufenden Saison in fremder Halle geschlagen geben. Wie beurteilen Sie den Auftritt an der Bergstraße?Leutershausen ist für mich nicht unsere Kragenweite. Sie haben einen deutlich breiteren Kader, sind auch qualitativ deutlich besser besetzt und konnten ohne großen Qualitätsverlust durchwechseln. So hatten wir mit unserem dezimierten Kader einfach keine Chance und waren mit der Niederlage in dieser Höhe noch gut bedient. Die Niederlage wird uns nicht aus der Bahn werfen.
Unabhängig von der Niederlage in Leutershausen, wie fällt Ihr Fazit aus?Mit Blick auf die Tabelle sind wir im Soll. Bis zur Partie in Leutershausen hatten wir ein ausgeglichenes Punktekonto, damit konnten wir zufrieden sein. Dabei sollten wir auch nicht vergessen, dass wir den einen oder anderen Punkt leichtfertig verschenkt haben. Andererseits haben wir in Nieder-Roden, aber auch in Korschenbroich aufgrund der Verletztensituation Punkte geholt, als nicht unbedingt damit zu rechnen war. Entscheidend werden jetzt die nächsten beiden Spiele vor eigener Kulisse gegen die VTV Mundenheim und das HLZ Friesenheim-Hochdorf sein. Das sind die Wochen der Wahrheit, da müssen wir endlich auch unsere Heimschwäche ablegen. Dabei hoffen wir auch auf ein volles Haus, das die Mannschaft zusätzlich beflügeln wird.
Sie sind vom Klassenerhalt überzeugt?Definitiv, denn die Mannschaft hat eine Qualität und sie hat auch schon gezeigt, dass sie Punkte holen kann. Entscheidend wird sein, dass wir gegen die Mitkonkurrenten um den Ligaverbleib unsere Punkte holen. Dazu gehören auch die beiden Derbys in den nächsten zwei Wochen. Mein größter Wunsch ist, dass sich kein weiterer Leistungsträger verletzt.
Trotzdem plagen Sie einige Sorgen?Es ist einerseits die personelle, aber auch die sportliche Situation. Während wir in Leutershausen befreit aufspielen konnten, sind die Erwartungen gegen Mundenheim und Friesenheim-Hochdorf etwas höher. Es sind zwei Spiele, in denen wir vier Punkte holen wollen, um eine Abwärtsspirale zu vermeiden. Jeder weiß, wenn diese Spiele in die Hose gehen, dann kann es sehr schnell in eine andere Richtung gehen. Wir wollen auch noch bis zum Jahresende Klarheit haben, wie sich die Saison sportlich entwickelt. Denn nach diesen Derbys treffen wir auf Opladen und Krefeld sowie die Bergischen Panther. Nach diesen Spielen wissen wir mehr.
Sie sprechen auch die personelle Situation an?Ja, uns war allen bewusst, dass der aktuelle Kader dünn ist. Dass Kevin Knieps schon während der Vorbereitung mit einer schweren Verletzung ausfällt, dann zuletzt sich Jan Philipp Werthmann im Training den Fuß bricht, damit konnten wir nicht rechnen. Dass Nico Herrmann, den wir als wertvolle Stütze im rechten Rückraum eingeplant haben, jetzt noch mit einem Riss des Außenmeniskus ausfällt, das wiegt umso bitterer. Das macht die Vorbereitung auf die jeweiligen Spiele nicht leichter. Ich kann versichern, dass wir keine Möglichkeit auslassen werden, um aktiv zu werden, sofern sich ein Spieler auf dem Markt aufdrängt, der uns weiterhelfen kann. Allerdings nur im Rahmen der uns zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel.
Gibt es aktuelle Gespräche für weitere Transfers?Zunächst haben wir bis zum Jahresende Dymal Kernaja aktiviert, der die etablierten Kräften entlasten soll. Dabei hoffen wir, dass bis zum Jahresende der eine oder andere wieder zurückkehren wird. Mit einem weiteren Spieler stehen wir im Gespräch, ob er zu uns kommen wird. Das müssen wir abwarten. Wir werden keine Schnellschüsse machen. Der Spieler muss zu uns passen, uns weiterbringen. Und es muss letztendlich auch wirtschaftlich passen.
Wird es ein Comeback von Kevin Seelos geben?Nein, das wird es nicht geben, auch wenn ich das eine oder andere Mal in der Vorbereitung dabei war. Es macht keinen Sinn, denn ich bin körperlich nicht mehr in einem Zustand, um der Mannschaft helfen zu können. Ich würde gerne, es geht aber nicht, ich habe weiterhin Rückenprobleme. Das ist nicht so easy, deshalb schließe ich ein Comeback aus.
Welche Lehren ziehen Sie jetzt schon aus der laufenden Saison?Wir brauchen künftig einen breiteren Kader, deshalb hat auch die Arbeit für die Saison 2025/26 jetzt schon begonnen. Sicherlich hätten wir jetzt schon zwei bis drei Spieler mehr gehabt, aber diese Optionen hatten wir leider nicht. Dabei wollen wir auch jüngere Spieler verpflichten, die sich bei uns entwickeln sollen. Man muss auch ehrlich bleiben, diese Optionen hatten wir bisher nicht, aber wir werden jetzt daran arbeiten.
Erschwerend dürfte in Haßloch ebenfalls sein, dass kein Unterbau wie eine zweite Mannschaft oder eine A-Jugend vorhanden ist. Stattdessen wird diese von der Spielgemeinschaft mit Iggelheim, Meckenheim und Neustadt geführt.Dass unsere zweite Mannschaft mit Iggelheim den Zusammenschluss gemacht hat, tut uns nicht gut, weil wir die Talente, die aus der eigenen Jugend kamen, nicht mehr bei uns in der Dritten Liga einsetzen dürfen. Allerdings hat es zu diesem Zeitpunkt, als der Zusammenschluss angestrebt wurde, keinen Sinn gemacht, die Jungs schon in den Drittliga-Kader hochzuziehen, da man ihnen nicht ausreichend Spielpraxis garantieren konnte. Im Nachgang wäre es aus meiner persönlichen Sicht besser gewesen, man hätte die zweite Mannschaft der TSG Haßloch mit Neuzugängen verstärkt, um damit auch weiterhin den talentierten Spielern die Möglichkeit zu geben, sich für die Drittliga-Mannschaft zu empfehlen. Mit der Spielgemeinschaft ist leider aus sportrechtlichen Gründen nicht möglich, solche Spieler mit einem Doppelspielrecht für die Dritte Liga auszustatten.
Und eine Neugründung einer zweiten Mannschaft macht derzeit auch keinen Sinn?Das Problem ist, dass die Mannschaft in der untersten Klasse den Neustart machen müsste und es sehr lange dauern kann, bis sie in der Oberliga sein wird, um Spielern eine Perspektive für die Dritte Liga zu geben.
Interview: Jochen Willner
Quelle: Die Rheinpfalz Mittelhaardter Rundschau – Nr. 251, Montag, den 28. Oktober 2024