Bitterer Rückschlag im Kampf um den Klassenverbleib. Drittligist TSG Haßloch, der den nächsten Sieg „so gut wie in der Tasche hat“, kommt nicht über eine Punkteteilung hinaus. Das sorgt für Rat- und Fassungslosigkeit.
Max Zech liegt nach dem Abpfiff auf dem Hallenboden. Die übrigen Akteure wirken zunächst rat-, aber auch fassungslos. Die innere Leere ist bei jedem spürbar. Cheftrainer Marcus Muth und sein Co Gerald Schalter bleiben noch lange auf der Bank sitzen. Sie sind beide zutiefst enttäuscht und bemühen sich um Erklärungen. Zunächst Fehlanzeige. Auch der Applaus von den Rängen bleibt aus. Dafür gibt es Kopfschütteln.
Dabei haben die Bären die Partie gegen den TV Gelnhausen noch nicht einmal verloren. Die Sieben von Trainer Marcus Muth trennte sich nach 60 Minuten mit 27:27 (17:13). Es war das dritte Spiel in Folge ohne Niederlage und der vierte Punkt auf der Habenseite. Trotzdem war es ein Rückschlag im Kampf um den Klassenverbleib.
Neun Minuten ohne Tor
Was war geschehen? In der 51. Minute traf Philipp Alt zur 27:21-Führung. Danach waren die Bären nicht mehr wiederzuerkennen. Sie hatten den Zug zum Tor quasi eingestellt. Bis zum Abpfiff erzielten sie keinen Treffer mehr. Dagegen schafften es die personell dezimierten Gäste aus dem Main-Kinzig-Kreis, die im gesamten Spielverlauf nie geführt hatten, aber bis zu sieben Toren zurückgelegen haben, Zug um Zug den Rückstand aufzuholen und noch auszugleichen. Es war zum Haareraufen, was sich die Bären in jenen Minuten der Schlussphase eines sogenannten „Vier-Punkte-Spiels“ erlaubt hatten. Dabei hatte Trainer Muth nach dem 27:22 in einer Auszeit seine Schützlinge noch einmal auf die letzten siebeneinhalb Minuten eingestellt.
Doch vermasselte Lars Hannes zunächst einen Siebenmeterwurf, dann produzierte dieser ein Offensivfoul, ehe Theo Surblys wieder einmal einen irrsinnigen Pass zu Kreisläufer Lukas Wichmann wagte, der ihn nicht erreichte. Yannik Muth stolperte noch mit dem Fuß über den Ball, und da traf Leon David 75 Sekunden vor dem Abpfiff zum 27:27-Ausgleich. Muth Senior wirkte angefressen. „Wir kamen 50 Minuten nicht ins Zeitspiel, plötzlich war das drei-, viermal der Fall, weil wir nicht wussten, was wir tun sollen. Auch die technischen Fehler, das ist brutal“, klagte Muth. „Mir ist das ein Rätsel, was wir da veranstalten. Dabei wollten wir das Spiel gewinnen und ein Zeichen setzen.“
Surblys geht
Es ist schon zum zweiten Mal, dass die Mannschaft leichtfertig einen Punkt verschenkt. Bei den Bergischen Panthern führten die Bären bis dreieinhalb Minuten vor dem Ende mit vier Toren, diesmal waren es zehn Minuten vor dem Abpfiff sechs Tore. Aber am Emde reichte es jeweils nur zu einem Zähler. „Was da passiert, ist schwer zu erklären. Vielleicht waren wir uns schon zu sicher gewesen. Vielleicht fehlt uns ein Häuptling, der vorangeht“, überlegte Theo Surblys. Der Hüne erlebte diesmal keinen guten Abend. „Ich bin ja selbst mit mir gerade nicht zufrieden“, räumte der 24-Jährige ein. Der gelernte Physiotherapeut bestätigte auf Anfrage der RHEINPFALZ, dass er in der kommenden Saison bei der HSG Hanau spielen und somit Haßloch verlassen wird.
Auch Kapitän Marco Bitz sieht die Ursache eher im mentalen Bereich. „Es hat sich wohl keiner mehr getraut, als der Vorsprung nach und nach schmolz. Das müssen wir analysieren, denn das hat sich ja wie ein Lauffeuer entwickelt“, sagte der TSG-Kapitän. Unklar bleibt trotzdem, weshalb Haßloch in der 51. Minute „den Stecker gezogen hat“. Dabei war er es, der seine Vorderleute – trotz der Flut von technischen Fehlern – im Spiel hielt.
Bitz’ Paraden
Bereits in der ersten Hälfte hatte die TSG schon viel Mühe, ihre Führung zu verteidigen. Zwar setzte sich Muth-Sieben bereits nach zehn Minuten mit 5:2 ab. Gelnhausen suchte die Möglichkeiten und scheiterte oftmals an TSG-Torhüter Bitz, der mit zehn Paraden in den ersten 30 Minuten seine Mannschaft vor dem drohenden Ausgleich bewahrte. Es war ein Auf und Ab mit vielen technischen Fehlern auf beiden Seiten. Trotzdem schafften die Bären noch vor dem Pausenpfiff nach einem Doppelschlag von Yannick Muth die 17:13-Führung und sicherten sich einen „beruhigten Gang“ in die Kabine. Nach dem Abpfiff suchten sie den Weg zu ihren Familien und Freunden, um in der Phase der eigenen Enttäuschung auf andere Gedanken zu kommen. „Es ist noch nichts verloren, was unmöglich ist“, sagte Bitz nachdenklich.
Quelle: „Die Rheinpfalz“ – Mittelhaardter Rundschau vom 07.04.2023, Jochen Willner